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Zeitdefinitionen

Die Vielfalt existierender Zeitdefinitionen mag überraschen, wo sich doch jede bürgerliche Zeitmessung am Tag-Nacht-Wechsel auf der Erde und an den Jahreszeiten orientiert - und doch ist es gerade dieser Umstand, der angesichts der mangelnden Langzeitkonstanz dieser natürlichen Zeitmaße, der Langzeitverschiebung von astronomischen Parametern (z.B. durch Präzession) und dem Bedürfnis nach einem hochgenauen Zeitmaß in Wissenschaft und Technik zu den verschiedenen detaillierten Zeitdefinitionen, wie sie im folgenden aufgeführt sind, zwingt. Einen Einblick in die damit verbundenen Probleme und das Ringen um eine technisch-wissenschaftlich zuverlässige und bürgerlich brauchbare Sekunden-Definition gibt der Artikel „Die neue Sekunden-Definition in ihrer physikalischen und kulturhistorischen Bedeutung“ von Prof. Dr. Richard Vieweg (PTB-Präsident 1951-1961), erschienen am 01.12.1964 in Physikalische Blätter 20 Bd.12, S.563-566.

Siderisches Jahr

ist die Dauer eines Erdumlaufs um die Sonne in bezug auf den fernen Fixsternhintergrund. Es hat eine Länge von 31.558.149,54 SI-Sekunden = 365,25636042 Tagen = 365d06h09min09,54s.

Tropisches Jahr

ist die Dauer eines Erdumlaufs um die Sonne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen der Sonne durch den Frühlingspunkt. Es ist das für den Gebrauchskalender der bürgerlichen Zeitrechnung maßgebliche Jahresmaß, da es auf den astronomischen (Nord-)Frühlingsanfang ausgerichtet ist und somit verhindert, daß die Jahreszeiten langfristig durch alle Monate hindurch wandern. Die Schaltregeln des Gregorianischen Kalenders sind auf das tropische Jahr ausgerichtet, d.h. die Dauer eines gregorianischen Kalenderjahres soll im langfristigen arithmetischen Mittel möglichst wenig von der Länge eines tropischen Jahres abweichen. Weil die Präzession der Erdachse den Frühlingspunkt entgegen der Erdumlaufrichtung vorrücken läßt, ist ein tropisches Jahr etwa 20,4 Minuten (1223,57 SI-Sekunden) kürzer als ein siderisches Jahr, nämlich 31.556.925,9747 SI-Sekunden = 365,24219879 Tage = 365d05h48min45,9747s. Das mittlere gregorianische Kalenderjahr ist mit seiner gegenwärtigen Schaltregel 0,0003 Tage länger, nämlich genau 365,2425 Tage.

Julianisches Datum (JD)

ist eine durchlaufende Tageszählung mit Nullpunkt am Mittag des 1. Januar 4713 v.Chr. (astronomisches Jahr -4712) nach dem Julianischen Kalender. Das JD ist ideal für Belange der Ephemeridenrechnung und ermöglicht die Berechnung von Zeitdifferenzen, ohne daß man sich um Monats- und Jahreslängen oder Kalenderreformen (julianisch/gregorianisch) kümmern muß.

Ephemeridenzeit (ET)

ist das absolut gleichmäßig ablaufend gedachte Zeitmaß, das die Grundlage der Ephemeridenrechnung bildet und am 31.12.1899 12:00 Uhr Weltzeit (JD 2415020,0) mit der Weltzeit übereinstimmte. Ihre Einheit ist die

Ephemeridensekunde

1956 definiert als der 31.556.925,9747-te Teil der Länge des tropischen Jahres am 31.12.1899 12:00 Uhr Weltzeit (JD 2415020,0) nach der Newcomb'schen Sonnentheorie. Sie wurde 1968 abgelöst durch die praktisch gleich lange

SI-Sekunde

deren Definition nicht mehr auf Eigenschaften makroskopischer Körper, sondern auf unveränderlichen, mit höchster Genauigkeit reproduzierbaren atomaren Eigenschaften gründet, nämlich als das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der Strahlung, die dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs entspricht. Seit 2019 lautet die Definition offiziell: „Die Sekunde, Einheitenzeichen s, ist die SI-Einheit der Zeit. Sie ist definiert, indem für die Cäsiumfrequenz ΔνCs, der Frequenz des ungestörten Hyperfeinübergangs des Grundzustands des Cäsiumatoms 133, der Zahlenwert 9.192.631.770 festgelegt wird, ausgedrückt in der Einheit Hz, die gleich s-1 ist.“ (siehe PTB-Seite „Countdown zum neuen SI: Die Sekunde“)

TAI (Internationale Atomzeitskala)

ist die Präzisionszeitskala, die aus den Zeitnormalen (Atomuhren) der PTB und anderer führender metrologischer Institute der Welt gewonnen wird und die Basis der offiziellen Zeitmessung (z.B. der UTC und der Zonenzeiten) auf der Erde darstellt. Aus historischen Gründen gilt: ET = TAI + 32,184 s; die Differenz beider Zeitskalen ist fix.

TDT & TDB

1984 lösten TDT (Terrestrische Dynamische Zeit, Bezugssystem Erde) und TDB (Baryzentrische Dynamische Zeit, Bezugssystem ist der Massenschwerpunkt des Sonnensystems) auf Basis der SI-Sekunde die Ephemeridenzeit (ET) in der Ephemeridenrechnung ab. Da TDT und TAI Zeiten desselben Bezugssystems Erde sind, sind sie fest aneinander gekoppelt; aus Gründen der Kontinuität mit der ET wurde TDT = TAI + 32,184 s festgesetzt. Beide Zeitskalen TDT und TDB unterliegen Effekten der Allgemeinen und der Speziellen Relativitätstheorie, nach denen der Verlauf der Eigenzeit in der Nähe großer Massen sowie in beschleunigt bewegten Bezugssystemen gedrosselt wird.

Sternzeit

ist der ins Zeitmaß umgerechnete Ortsstundenwinkel des Frühlingspunktes (engl. LHA Aries) und beschreibt den augenblicklichen Drehwinkel des Ortsmeridians relativ zur Richtung des Frühlingspunkts. Zur örtlichen oberen Kulmination des Frühlingspunktes ist es genau 00:00 Uhr Sternzeit. Die aktuelle Sternzeit stimmt mit der Rektaszension des momentanen Kulminationsmeridians überein. Ein Sterntag, also die Dauer einer vollen Erdumdrehung bezüglich des Frühlingspunktes, dauert 23h56min04,091s und ist somit um 0,273% kürzer als ein mittlerer Sonnentag; daher ist eine Sternzeit-Sekunde 2,73 ms kürzer als eine SI-Sekunde.

Da im Verlauf einer vollen Erdumdrehung die Erde schon knapp 1° auf ihrer Bahn um die Sonne zurücklegt, ändert sich in dieser Zeit die Richtung zur Sonne um etwa 1°, und die Erde muß um diesen Winkel „nachdrehen“, damit ein Ortsmeridian wieder in die gleiche Stellung zur Sonne kommt. Daher ist ein wahrer Sonnentag etwa 4 Minuten länger als ein Sterntag.

Wegen der veränderlichen Bahngeschwindigkeit der Erde im Jahreslauf sowie der Achsneigung der Erde ist dieses Maß des nötigen „Nachdrehens“ nicht immer gleich, sondern schwankt im Laufe eines Jahres: Im Perihel muß die Erde wegen der höheren Bahngeschwindigkeit mehr nachdrehen (da sich die Richtung zur Sonne schneller ändert), im Aphel wegen der geringeren Bahngeschwindigkeit weniger. Ebenso muß aus kugelgeometrischen Gründen die Erde mehr nachdrehen, wenn einer der Erdpole der Sonne zugekehrt ist (Sonnenwende, Solstitium), und weniger nachdrehen, wenn der Äquator der Sonne zugekehrt ist (Tag- und Nachtgleiche, Äquinoktium).

Daher schwankt die Länge eines wahren Sonnentages im Laufe des Jahres und eignet sich nicht zur Begründung eines gleichmäßig ablaufenden Zeitmaßes. Das Kumulieren der Abweichungen zu einem gleichmäßig ablaufenden Zeitmaß führt zur sogenannten Zeitgleichung (s.u.). Verteilt man gedacht das Maß des täglich nötigen Nachdrehens durchschnittlich über das ganze Jahr, so erhält man als Zeitmaß die

Mittlere Ortszeit (MOZ)

definiert als der ins Zeitmaß umgerechnete Ortsstundenwinkel der fiktiven mittleren Sonne plus 12h00min. Zur örtlichen oberen Kulmination der mittleren Sonne ist es genau 12:00 Uhr MOZ. Vor den Zeitreformen des 19.Jahrhunderts war die MOZ des Ortes die im Alltag verbindlich gültige Zeit. Mit dem Aufkommen der Telegrafie und des Eisenbahn-Fernverkehrs wurde die Schaffung gebietsweise einheitlicher Standardzeiten nötig. Schließlich wurde ab 1884 nach und nach in den meisten Ländern das heute bekannte Zonenzeiten-System eingeführt.

Wahre Ortszeit (WOZ)

ist der ins Zeitmaß umgerechnete Ortsstundenwinkel der wahren Sonne (engl. LHA Sun) plus 12h00min und ist die Zeit, die eine Sonnenuhr ohne Korrektur anzeigt und die am wahren Sonnentag orientiert ist. Die wahre Sonne passiert den oberen Kulminationsmeridian stets um 12:00 Uhr WOZ.

Zeitgleichung

ist die Differenz zwischen Wahrer und Mittlerer Ortszeit an einem Ort. Zum gleichen Zeitpunkt Weltzeit hat die Zeitgleichung auf der ganze Erde den gleichen Wert. Ist sie positiv, so geht die Sonnenuhr gegenüber der MOZ vor; ist sie negativ, so geht die Sonnenuhr gegenüber der MOZ nach. Die Zeitgleichung kann Werte bis zu etwa einer Viertelstunde erreichen. Die Zeitgleichung wird normalerweise direkt aus der Sonnenephemeride berechnet. Einen alternativen Weg beschritt 1993 eine Schülerarbeitsgruppe am Schweizer Gymnasium Münchenstein um den Mathematiklehrer M.Müller; sie entwickelten die Zeitgleichung nach den Sinus der Vielfachen der Mittleren Anomalie und der Perihellänge der Erde. Das Ergebnis wurde als Artikel bei der Zeitschrift Acta Physica Polonica A eingereicht, angenommen und dort unter dem Titel „Equation Of Time - Problem in Astronomy“ publiziert.

UT1 (Weltzeit)

ist der ins Zeitmaß umgerechnete Greenwich-Stundenwinkel der fiktiven mittleren Sonne plus 12h00min, d.h. die UT1 ist die mittlere Ortszeit des Längengrades von Greenwich und ist diejenige Zeit, die für Zwecke der Astronavigation eigentlich zu benutzen ist (z.B. für den Nautical Almanac). In der UT1 werden - im Gegensatz zur UT0 - die Polschwankungen der Erde (Positionsverschiebungen um bis zu 20 Meter) in einer Korrektur berücksichtigt.

UTC (Universal Time Coordinated, Koordinierte Weltzeit)

ist die an die Internationale Atomzeitskala TAI gekoppelte offizielle Weltzeit, die durch die Zeitzeichensender verbreitet wird und die Basis für alle gesetzlichen Zonenzeiten der Erde bildet. Sie unterscheidet sich von der TAI stets um ganze Sekunden und wird gegenüber der TAI so festgesetzt, daß der Betrag der Differenz dUT1 = UT1-UTC den Wert 0,9 s nicht übersteigt, so daß die UTC immer an die von der Erdrotation bestimmten Zeit UT1 angeschlossen bleibt. Die Differenz dUT1 wird wöchentlich überwacht und u.a. durch indirekte Messung der Erdrotation mittels Radioteleskop-Beobachtung von fernen Radioquellen am Himmel neu bestimmt. Droht |dUT1| den Wert 0,9 s zu überschreiten, wird zu einem geeigneten festgesetzten Quartalsende eine Schaltsekunde in die UTC eingefügt oder eine Sekunde übersprungen („negative Schaltsekunde“). Der jeweils aktuell gültige Wert für dUT1, der in der Regel für mehrere Monate stabil bleibt, wird in Bulletins des IERS (International Earth Rotation and Reference System Service) bekanntgegeben und über die offiziellen Zeitzeichensender zusammen mit dem Zeitsignal verbreitet.

Zonenzeiten

sind die Zeiten des im späten 19.Jahrhundert eingeführten Weltzeitzonensystems. Es sieht Standard-Zeitzonen von je 15 Längengraden Ausdehnung symmetrisch um die durch 15 teilbaren Längengrade vor, deren mittlere Ortszeit (MOZ) die Zonenzeit der jeweiligen Zeitzone definiert, die um volle Stunden von der UTC abweicht. Diese Standard-Zeitzonen erhalten international Großbuchstaben nach dem NATO-Alphabet als Bezeichnungen, wobei die UTC-Zone mit Z („Zulu-Zeit“), die ostwärts folgenden mit A (Alpha) bis M (Mike) und die westwärts folgenden mit N (November) bis Y (Yankee) bezeichnet werden. A („Alpha-Zeit“) steht für die gewöhnliche Mitteleuropäische Zeit (MEZ), die die mittlere Ortszeit auf 15°E ist (Meridian von Görlitz, Am Stadtpark, 50 m westlich der Neißebrücke (polnische Grenze)).

Von der strikten Zonierung wird insbesondere auf dem Festland abgewichen, um Staaten und gewachsene Kulturräume nicht unnötig zeitlich zu zerschneiden. Darüber hinaus existieren Zonenzeiten, die nicht um volle Stunden von der UTC abweichen, z.B. im Iran und in Australien. Die genaue Situation läßt sich beispielsweise auf der Weltzeituhr von WorldTimeZone.com erkunden.

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