Stellarium-Landschaften aus eigenen Aufnahmen erstellen (1/4)
Was Sie benötigen
Gewöhnliche Digitalkamera oder Smartphone
Das Auflösungsvermögen der Kamera bestimmt die erzielbare Auflösung der zu erstellenden Landschaft:
- 1 MP (MegaPixel) genügt für 2048x1024-Landschaften (Winkelauflösung ca. 0,18° = 10,8') in guter Qualität
sowie für 4096x2048-Landschaften (Winkelauflösung ca. 0,09° = 5,4') in begrenzter Qualität - 4 MP genügen für 4096x2048-Landschaften (Winkelauflösung ca. 0,09° = 5,4') in guter Qualität
sowie für 8192x4096-Landschaften (Winkelauflösung ca. 0,044° = 2,6') in begrenzter Qualität - 16 MP genügen für 8192x4096-Landschaften (Winkelauflösung ca. 0,044° = 2,6') in guter Qualität
sowie für 16384x8192-Landschaften (Winkelauflösung ca. 0,022° = 1,3') in begrenzter Qualität
Die horizontale und vertikale Pixel-Anzahl muß bei Stellarium-Landschaften zwingend eine natürliche Zweierpotenz sein.
Berücksichtigen Sie bei Ihrer Entscheidung für eine bestimmte Auflösung auch den zu erwartenden Speicherplatzbedarf für eine fertige Stellarium-Landschaft (PNG-Format, maximale Kompression):
- ca. 2,5 MB für 2048x1024-Landschaften,
- ca. 10 MB für 4096x2048-Landschaften,
- ca. 40 MB für 8192x4096-Landschaften,
- ca. 160 MB für 16384x8192-Landschaften.
Denken Sie dabei auch an die Fähigkeit üblicher Grafikkarten, mit derartigen Textur-Dateigrößen überhaupt umgehen zu können (Alternative für hohe Auflösungen: das Mehrbildformat).
Wichtig: Der Einsatz eines Stativs wird in dieser Anleitung an keiner Stelle vorausgesetzt; die gesamte Anleitung ist auf die Arbeit ohne Stativ abgestellt. Falls Sie ein Stativ einsetzen wollen, so bedenken Sie:
- Die Objektivhöhe mit Stativ sollte so wie die menschliche Augeshöhe eingestellt werden, damit die der Landschaft zugrundeliegende Perspektive der menschlichen Perspektive entspricht
- Den Nadir-Bereich müssen Sie trotzdem ohne Stativ fotografieren, da es im Weg ist
- Der bloße Einsatz eines Stativs allein verhindert keine Parallaxen-Fehler. Hierfür benötigen Sie zusätzlich einen Spezial-Drehkopf, die dafür sorgt, daß die Objektivlinse Ihrer Kamera bei jedem Dreh- und Neigungswinkel an derselben Stelle bleibt. Solches Zubehör ist z.B. bei Nodal Ninja erhältlich - und hat seinen Preis.
- Nur bei Kameras, die zu schwer und zu hochauflösend sind, um zitterfrei Aufnahmen mit ihnen durchführen zu können, lohnt sich der Stativ-Einsatz wirklich.
Speicherkarte(n) mit ausreichendem Speicherplatz sowie Powerbank oder Reserve-Batterien/-Akkus
Bestücken Sie Ihre Kamera mit einer Speicherkarte mit genügend freier Speicherkapazität und nehmen Sie ggf. zusätzliche Speicherkarten mit. Bei Smartphones nutzen Sie ggf. einen Cloud-Speicher, wenn der lokale Speicher erschöpft ist. Ein JPG-komprimiertes Foto belegt bis zu etwa 0,5 Byte/Pixel. Bei einer Kamera mit einem horizontalen Blickfeld von 54° (bei 1:1-Zoom) benötigen Sie für die Erstellung einer Stellarium-Landschaft
- bei 1:1-Zoom etwa 100 bis 150 Aufnahmen
- bei 2:1-Zoom etwa 400 bis 600 Aufnahmen
- bei 3:1-Zoom etwa 900 bis 1300 Aufnahmen
Denken Sie auch daran, Reserve-Batterien/-Akkus oder eine aufgeladene Powerbank mitzunehmen, damit Sie die Aufnahmeserie nicht vorzeitig abbrechen müssen.
Computer mit genügend CPU- und Grafik-Leistung
Ein modernes System mit 3 GHz DualCore-CPU, 4 GB RAM und OpenGL-fähiger Grafik ist ausreichend. Beachten Sie, daß Stellarium OpenGL-Standard voraussetzt. Bei fehlender hardware-seitiger OpenGL-Fähigkeit muß eine OpenGL-Software-Emulation wie z.B. Mesa benutzt werden. Das Fitting sowie die Erzeugung des Panoramas sind CPU-intensive Prozesse, für die genügend Rechenleistung und RAM bereitstehen muß. Ein System mit obiger Ausstattung benötigt für das erste Fitting größenordnungsmäßig etwa 1 Stunde. Auf schwächeren Systemen kann das erste Fitting schnell einen halben bis einen vollen Tag in Anspruch nehmen.
Internet-Verbindung
Wird benötigt für Anwendungen wie GoogleMaps, www.geoplaner.de, Abstandsberechnungs-Skript usw.
Panorama-Software Hugin
Fügt eine Serie von Foto-Aufnahmen zu einem Panorama zusammen. Hugin ist OpenSource-Software und für alle wichtigen Rechnerplattformen verfügbar.
Transparenz- und Multilayer-fähige Bildbearbeitungssoftware
Zur Bearbeitung des Panoramas, insbesondere um den Himmel zu entfernen, benötigen Sie eine Transparenz- und Multilayer-fähige Bildbearbeitungssoftware wie The GIMP oder Adobe Photoshop.
Wissenschaftlicher Taschenrechner und Trigonometrie-Kenntnisse
Um z.B. den Höhen- oder Tiefenwinkel bestimmter Landmarken oder Bodenmerkmale in der fertigen Landschaft kontrollieren zu können, sollte „Arcustangens“ kein Fremdwort für Sie sein.
Vorbereitende Überlegungen und Vorkehrungen für die Aufnahme
Licht- und Wetterverhältnisse/-bedingungen für die Aufnahme
Wählen Sie einen Tag mit guter, klarer Sicht bis zum Horizont. Die meteorologische Sichtweite sollte mindestens 20 km, besser 25 km und mehr betragen (insbesondere bei Aufnahmen von hohen Berggipfeln aus, oder wenn Meeresflächen einen Teil des Horizonts bilden). Dunst, Staub, Nebel, von Niederschlag erfüllte Luft oder Fallstreifen in nahen Schauern, die die freie Sicht zum Horizont behindern, stellen keine geeigneten Bedingungen für die Aufnahme eines Panoramas dar. Ebenso sollte bei starkem Wind Abstand von Panorama-Aufnahmen genommen werden, da die vom Wind ausgelösten Bewegungen von Bäumen und Ästen ein späteres sauberes Fitting der Aufnahmen verhindern.
Während der Aufnahmen - für die Sie bei 100 Aufnahmen mindestens 20 Minuten Zeit einplanen müssen! - müssen konstant gute Lichtverhältnisse herrschen, entweder bei gleichmäßig bedecktem Himmel (insbesondere wenn man keinen Schattenwurf möchte) oder, wenn man kräftige Farben erreichen will, bei gleichmäßig sonnigen Verhältnissen ohne Wolkendurchzüge vor der Sonne, wobei man hier den Schattenwurf in Kauf nehmen muß und auch die Gefahr besteht, daß die Sonne den unter ihr liegenden Horizontabschnitt überblenden kann (wichtig vor allem für Panoramaaufnahmen am Meer). Um dies zu vermeiden und auch um die Schatten nicht zu lang werden zu lassen, sollte bei Sonnenschein nur bei Sonnenhöhen von mindestens 20° (besser 30° und mehr) fotografiert werden. Zu bedenken ist auch, daß bei Sonnenschein die Reflexionscharakteristik des Erdbodens in Abhängigkeit vom Azimut um so gleichmäßiger ist, je höher der Sonnenstand ist. Grundsätzlich sollte - ob sonnig oder bedeckt - bei Sonnenhöhen unter 10° nicht mehr fotografiert werden, da es dann für gute Tageslicht-Panorama-Aufnahmen nicht mehr ausreichend hell ist.
Wichtig: Mischen Sie Aufnahmen, die bei sehr unterschiedlichen Lichtverhältnissen entstanden sind, nicht miteinander. Das Ergebnis ist praktisch immer enttäuschend.
Standortwahl und -verifikation
Wählen Sie für die Aufnahme einen Standort mit freier Sicht zum Horizont in möglichst allen Richtungen sowie mit erkennbaren und sicher identifizierbaren Landmarken aus - letzteres ist wichtig, um später beim fertigen Panorama die Himmelsrichtungen sicher bestimmen zu können (Die Richtung von auf Karten verzeichneten Wegen und Straßen kann als Ersatz dienen). Identifizieren Sie Ihren Standort mit Hilfe eines GPS-Loggers oder einer Karten-Satellitenbild-Kombination (z.B. www.geoplaner.de oder Google Maps), so daß sie die geographische Breite und Länge Ihres Standorts auf 5 Grad-Dezimalen genau (entspricht 0,036" oder einer Genauigkeit von 1,11 m) sowie die Höhenlage über NHN in Meter angeben können.
Wählen Sie eine stand- und rutschsichere Position über einem klar identifizierbaren Bodenmerkmal (Stein, Grasbüschel usw.), bezüglich dessen Sie Ihre Position laufend kontrollieren und korrigieren können, da Sie sich für die Aufnahmenserie mehrmals um Ihre eigene Achse drehen müssen.
Während der Aufnahmenserie muß die eigene Position möglichst genau eingehalten werden und laufend durch einen Blick nach unten kontrolliert werden, ob man noch an derselben Stelle steht. Bereits eine Verschiebung von 50 cm führt bei nahen Objekten zu deutlichen Parallaxe-Effekten, die den späteren Zusammenbau des Panoramas empfindlich stören oder gar verhindern (Parallaxe = optische Verschiebung naher Objekte vor einem fernen Hintergrund durch Positionsänderung des Beobachters)
Stark frequentierte Orte eignen sich nur in frequenzarmen Zeiten für Aufnahmen, da das nahe Vorübergehen von Personen die für Aufnahmen dieser Art erforderliche Konzentration erheblich stört und auf dem Panorama aus rechtlichen Gründen (Recht am eigenen Bild) keine Nahaufnahmen von Personen erscheinen sollten. Sind Nahaufnahmen von Personen unvermeidlich, so muß der entsprechende Raumwinkel-Ausschnitt mehrfach fotografiert werden, um später durch Maskierung die Personen aus dem Gesamtpanorama entfernen zu können.
Wichtig: Messen Sie Ihre Augeshöhe/Objektivhöhe, am besten in Ruhe schon zu Hause (mit Schuhwerk) auf ebenem Grund, da dieser Wert in Berechnungen berücksichtigt werden muß. Wenn Sie mit Stativ arbeiten, muß dieser Wert vor Ort nach Aufbau von Stativ und Kamera gemessen werden. Messung immer bei waagrecht orientierter Kamera durchführen.
Durchführung der Aufnahme
Suchen Sie sich eine gut einprägsame Richtung als Startrichtung für die Panorama-Aufnahme.
Beginnend mit der Horizontpartie sind die Aufnahmen strikt „zeilenweise“ im Uhrzeigersinn vorzunehmen, wobei in einer „Zeile“ der Neigungswinkel der Kamera ungefähr gleich bleiben muß. Benachbarte Aufnahmen einer „Zeile“ müssen sich hinreichend überlappen, etwa so, daß das Zentrum des vorigen Bildes noch gut im linken Randbereich der aktuellen Aufnahme zu sehen ist. Dies führt beispielsweise bei einer Kamera mit einem horizontalen Blickfeld von 54° zu Schrittweiten von 20° bis 25°, so daß hier mit etwa 15 bis 20 Aufnahmen für die 360°-Runde zu rechnen ist.
Ist man wieder bei der Startrichtung angelangt, beginnt man mit der nächsten Aufnahmen-„Zeile“. Hierzu vergrößert man den Neigungswinkel der Kamera so weit, daß die Bildpartien um die Zentrallinie der vorigen Aufnahmen-„Zeile“ noch gut am oberen Rand der jetzt durchzuführenden Aufnahmen zu erkennen sind (Überlappung!). Bei einer Kamera mit einem vertikalen Blickfeld von 40° bedeutet dies eine Vergrößerung des Neigungswinkels um etwa 12° bis 15°. Wieder wird nun unter Beibehaltung des Neigungswinkels eine komplette 360°-Runde von Aufnahmen absolviert und bei erneuter Ankunft an der Startrichtung in die nächste Aufnahmen-„Zeile“ gesprungen.
Dieses Prinzip wird bis zur Ankunft beim Nadir fortgesetzt. Auf der vorletzten Aufnahmen-Runde, die bei einer 54°-Kamera noch 8 Aufnahmen umfassen sollte, sollten bereits die eigenen Fußspitzen zu sehen sein. Sonst sollte möglichst wenig von der eigenen Kleidung oder Ausrüstung auf die Aufnahmen gelangen (diese Bereiche werden später bei der Erstellung des Panoramas maskiert und gelangen dank der ausreichenden Überlappung mit anderen Aufnahmen nicht in das endgültige Panorama).
Die letzte Aufnahmen-Runde widmet sich dem Nadir selbst, also dem Bereich, wo bisher die eigenen Füße standen. Für die Nadir-Aufnahmen stellt man sich breitbeinig über den Nadir und fotografiert den Nadir-Bereich senkrecht von oben (daß Füße und Beine am Rand des Bildes zu sehen sind, macht nichts). Es sollten drei derartige Aufnahmen gemacht werden, deren Azimutwinkel sich deutlich unterscheiden (z.B. eine Aufnahme senkrecht oder im 60°-Winkel zur anderen).